© Sonja Ruckstuhl

Schatzsuche für die ganze Familie

Die Zürcher Familie Z’Graggen zieht seit 12 Jahren zusammen los, um beim Geocaching versteckte Schätze zu finden. Mit viel Elan und einem Spiegel dabei: die 77-jährige Cilgia Z’Graggen.

Text: Fabian Rottmeier

Wer einen Morgen lang mit der Geocaching-Familie Z’Graggen durchs zürcherische Jonental zieht, lernt Folgendes:

  • Geocaching kennt keine Altersgrenze.
  • Ausser Zecken und Mücken gibt es keine Gegner.
  • Fussspuren sind nicht immer hilfreich.
  • Ein Handspiegel aus dem Badezimmer vereinfacht vieles.

Cilgia Z’Graggen jedenfalls geht nie ohne ihren Spiegel auf Schatzsuche. Die 77-Jährige hat damit schon Hunderte von Caches gefunden, ohne sich dabei den Hals zu verrenken. Caches sind die kleinen Schätze, die es beim Geocaching zu finden gilt. Diese lassen sich dank Koordinaten und einem GPS-Gerät als Hilfsmittel schnell orten – das genaue Versteck jedoch nicht. In wasserdichten Behältern, meist aus Plastik, befindet sich ein (oft winziges) Logbuch, in dem man sich einträgt, und manchmal liegen darin auch kleine Tauschgegenstände. Wer sich als Neueinsteiger versuchen will, kann dies dank der HandyApp «Geocaching» auch ohne GPS tun.

Ein Versteck namens «Abgas!»

2966 Caches hat Cilgia Z’Graggen bereits aufgespürt und ihre Funde online eingetragen. «Es geht mir jedoch nicht um die Menge, sondern um den Suchspass», sagt sie. Im Jahr 2000 in den USA ins Leben gerufen, sind heute bei uns nach den Boomjahren rund 26 857 «Geocacher» aktiv. Die rund 32 786 Schweizer Verstecke liegen an den unterschiedlichsten Stellen und werden von ihren «Besitzern» ehrenamtlich unterhalten: Es gilt etwa, das volle Logbuch oder defekte Behälter zu ersetzen. Auch Cilgia Z’Graggen betreut deren vier, einer davon namens «Bushüsli», ein anderer lautet «Abgas!».

Geocaching ist bei Cilgia Z’Graggen Familiensache. Etwa alle zwei Wochen ist sie mit Sohn Stefan (48), Schwiegertochter Pascale (48) und der 13-jährigen Enkelin Anina unterwegs. Stefan Z’Graggen hat 2007 damit begonnen und bald auch seine Mutter und seinen mittlerweile verstorbenen Vater dafür begeistert.

Heute steht der «Powertrail Jonental» zwischen Zwillikon und Jonen an. Fünf Kilometer Wanderweg, 12 Posten, alle am malerischen Jonenbach gelegen. Dank ihrer Erfahrung hat die Familie ein scharfes Auge für Spuren entwickelt wie etwa auffällig platzierte Steinhaufen oder Tannzapfen und leere Schneckenhäuschen, die als Tarnung dienen. Geocacher sind kreativ.

Jeder Cache hat eine offizielle Bezeichnung, einen Beschrieb, einen Hinweis zu Grösse und Schwierigkeitsgrad des Verstecks und des Terrains. Die einfachste Kategorie 1 ist auch mit einem Rollstuhl erreichbar. «Kategorie 5 verlangt nach einer Spezialausrüstung», erklärt Stefan Z’Graggen, «etwa zum Tauchen oder Klettern.» Es gibt auch abgelegene Caches auf Bäumen, an Seebojen oder an belebten Orten wie dem Zürcher Paradeplatz – und in einem Brockenhaus, versteckt in einem ausgehöhlten Buch.

Erst 6290 Schritte

GC51B75 lautet die Bezeichnung des zweiten Postens. Nach wenigen Sekunden ruft Cilgia Z’Graggen – Spiegel sei Dank – «Hab ihn!». Der «Schatz» war unter der Kante eines Betonabsatzes versteckt. Alle gratulieren: ein Familienbrauch. Die Begeisterung der Z’Graggens für ihr Hobby zeigt sich auch in den Anekdoten.

Cilgia Z’Graggen verrät beim Spazieren, dass sie bei der Suche in einem Wohnquartier schon einmal für eine «Drögelerin» gehalten wurde. Und Stefan Z’Graggen gesteht lachend, dass sie auf der ersten Tour weder Wasser noch ein GPS dabeihatten. «Mit der Landkarte war es dann doch anspruchsvoller als gedacht.» Heute mag er Caches, bei denen man zuerst ein Rätsel lösen muss, damit man die Koordinaten des Verstecks erhält. Ihr Vater sei ein richtiger «Detektiv», meint denn auch Anina, die ihre Rolle als «Tschi-Pi-Trägerin» gefunden hat. Wie aus dem Nichts ruft Cilgia Z’Graggen: «Was, erst 6290 Schritte?!», als sie auf ihr Fitness-Armband blickt.

Eine der letzten Aufgaben entpuppt sich als Knacknuss. Auch der Hinweis im Beschrieb, dass sich der «Schatz» auf drei Metern Höhe befinde und ohne Klettern zu holen sei, hilft wenig. Pascale wird schliesslich bei einem Bäumchen fündig – nach etwa 30 Minuten. Oder gar 40? Womit auch die letzte Lektion gelernt ist: Geocaching heisst, oft länger unterwegs zu sein, als man vorab denkt.

Glossar

  • GPS: Global Positioning System, Satellitennavigationsgerät. Hilfsmittel, um per Koordinaten zum Cache zu gelangen.
  • Cache: Englische Bezeichnung («geheimes Lager») für das Suchobjekt, meist ein Behälter.
  • Logbuch: Buch im Cache, um den Fund einzutragen.
  • Muggel: In den Harry-Potter-Büchern sind damit alle Nicht-Zauberer gemeint, beim Geocaching alle Unbeteiligten.

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Beitrag vom 01.06.2019
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